Sind Frauen links?

Die Kommentare zur Bundestagswahl 2025 begnügen sich allzu oft mit Zahlen, die den gender gap im Wahlverhalten nicht zum Vorschein bringen. Es kann jedoch keinen Zweifel geben, dass die unterschiedlichen Präferenzen von Frauen und Männern Entwicklungen sichtbar machen, die für eine zukunftsorientierte Politik von großer Bedeutung sind.

Unmissverständlich lässt die Wahlstatistik erkennen, dass Frauen aller Altersgruppen nach links tendieren, während eine männliche Mehrheit konservativen Parteien ihre Stimme gab.  Nichtsdestotrotz hat der Ansturm junger Frauen auf die Partei Die Linke nicht nur unter Müttern und Großmüttern Verwunderung hervorgerufen. Lange galt die CDU als Trutzburg gegen den Zerfall von Werten, die den Zusammenhalt der Familie und ein ausgewogenes Generationenverhältnis sicherten. Eine andere Sicht überließ die große Mehrheit von Jung und Alt mit Friedrich Merz den ‚grünen und linken Spinnern‘ in der Nachhut der 68er.

Es wäre zu einfach, über der Abtrünnigkeit junger Frauen zur Tagesordnung von vorgestern zurückzukehren. Auch greift man zu kurz, wenn man auf den Nachhall der alten DDR in den ostdeutschen Bundesländern verweist. Ähnliche Phänomene zeigen sich weltweit, vor allem aber in industriell hoch entwickelten Ländern. Donald Trump verdankt seinen Wahlsieg nicht zuletzt wenig qualifizierten Männern aus der Arbeiterklasse, die im globalen Wettbewerb der Industriestandorte unter die Räder zu geraten drohen. Im Gegensatz dazu punktete die demokratische Kandidatin vor allem bei hoch qualifizierten Frauen aus dem Bereich komplexer Dienstleistung – und unterlag.

Viele junge Männer empfinden Statusgewinne des weiblichen Geschlechts als eigene Niederlage, zumal ihre Führungsrolle in Familie und Öffentlichkeit noch immer mit der angeborenen Überlegenheit ihres Geschlechts begründet wird. Studien bescheinigen einer wachsenden Kohorte, dass ihre Hinwendung zu Strukturen männlicher Vorherrschaft getragen ist von einem Bedarf an Selbstvergewisserung und zukunftstauglicher Identität.

Endlich sollten wir den internationalen Frauentag nutzen, um Möglichkeiten der Transformation traditioneller Strukturen ins Visier zu nehmen. Unter Begriffen wie Wellbeing oder Care economy wird international über Modelle von Wirtschaft und Gesellschaft diskutiert, die nicht materiellen Wohlstand, sondern Gemeinwohl und Lebensqualität zum Ziele haben. Nehmen wir uns ein Beispiel!

Frauen wollen eine andere Politik

Dieser Beitrag wurde im März 2025 im ‚Leserforum‘ des Kölner Stadt-Anzeigers veröffentlicht.