Bildung im Gender Mainstream

Rückstand der Männer im Bildungswesen.

In den letzten Jahrzehnten haben Männer langsam, aber unaufhaltsam ihre hergebrachte Führungsrolle im Bildungswesen eingebüßt. Sie kommen später zur Schule, verfehlen häufiger das Klassenziel, brauchen länger für den angestrebten Abschluss und verlassen das Bildungswesen mit geringeren Qualifikationen. Zwar hat das männliche Geschlecht seine Vorrangstellung im Erwerbsleben bisher erfolgreich verteidigt, doch geben die Befunde aus dem Bildungsbereich auf lange Sicht Anlass zur Sorge.

Die Wirtschaft mahnt Reformen an, weil sie von hoch bezahlten Kräften hohe Kompetenz erwartet. Auch der männliche Part in den Familien muss neu verhandelt werden. Es ist nicht zu erwarten, dass der Beitrag von Männern zum Wohlergehen der Familien auf Dauer mit der schwächelnden Ernährerrolle abgegolten werden kann. Ein Slogan Ohne Eltern geht es nicht, mit dem die Bildungspolitik derzeit um verstärkte Beteiligung der Familien an der neuen Bildungsoffensive wirbt, hat nicht nur Mütter im Visier.

Fehlende Väter

Pisa und moderne Pädagogik haben entdeckt, dass Eltern zu mehr als 50 % am Schulerfolg ihrer Kinder beteiligt sind. Auf dem Hintergrund solcher Erkenntnisse wurden im Rahmen der Bildungsmesse „didacta“ im März 2010 in Köln auch Konzepte für Verhaltenstrainings von Eltern vorgestellt. Väter und Mütter sollen befähigt werden, auf der Basis einer sicheren Bindung ein gutes Lernklima herzustellen und ein effektives Lernverhalten bei Kindern aufzubauen.

Man ist überzeugt, dass der Schulerfolg planbar ist. In mehrtägigen Schulungen werden aus Eltern Coaches, die durch professionelle Hausaufgabenbetreuung die Lernpotentiale ihrer Kinder zur Entfaltung bringen. Pädagogen und Bildungsforscher möchten die Trainings verbindlich machen.

Die Kölner Tagespresse vermittelte Einblicke in einen Probelauf. Männliche Hirn-, Bildungs- und Jugendforscher vermittelten Methoden für lernwillige Profis an ein Auditorium aus 13 Müttern und einem Vater* . Wie nicht anders zu erwarten war, trugen die zu coachenden Sprösslinge männliche Vornamen, und einzelne Mütter berichteten über bereits erzielte Erträge des zusätzlichen Aufwands zugunsten ihrer Söhne.

Soziale Elternschaft ist nicht umsonst

Eine neue Balance zwischen Frauen und Männern, Eltern und Kindern, Familien und Arbeitswelt ist nicht nur eine Frage von Gerechtigkeit, sondern schlicht von ökonomischer Vernunft. Gesellschaften, die sich Kinder leisten wollen, tun gut daran, sich über die Bedingungen sozialer Elternschaft Gedanken zu machen.

* Alexandra Ringendahl: Mit Gelassenheit zum Erfolg, Kölner Stadtanzeiger 16.03.2010